Freitag, 26.12.2014 Weihnachten in Ghimbav

Heute schlafen wir einfach mal aus. Danach frühstücken wir gemütlich mit Laura und ihren Eltern. Wir sitzen lange am Tisch und unterhalten uns. Erst gegen 13:00 Uhr wollen wir los, so ist es mit dem Kinderheim kommuniziert.
Während Elisabeth noch den Weinkeller präsentiert bekommt, sitze ich im Auto, wechsle die Speicherkarte der GoPro und gebe die Adresse ins Navi ein. Dann starte ich den Motor. Will ich zumindest. Der Anlasser orgelt und orgelt, aber die Motor will nicht so wie ich. Nach mehreren Versuchen ein kurzes Lebenszeichen, dann aber gleich wieder aus.
Letztendlich schieben wir ihn neben Lauras Auto und holen die Überbrückungskabel raus. Gar nicht so einfach. Die Batterie ist unter dem Beifahrersitz, und um da dran zu kommen, muß der Sitz eigentlich nach hinten gekippt werden. Das geht aber nicht, weil das Auto voll beladen ist. Mit Rückenlehne nach vorne drehen geht es dann doch halbwegs. Aber auch mit der Hilfe von Lauras Auto springt der Scenic nur einml ganz kurz an.
Damit löst er bei mir einen Geistesblitz aus: Die Wegfahrsperre! Klar, ich war ja schon geraume Zeit im Auto gesessen, worauf sich die Wegfahrsperre wieder aktiviert. Einmal kurz das Auto zu- und wieder aufgeschlossen, worauf er sofort anspringt. Alle atmen erleichtert auf, wir können die Batterie wieder verstecken und uns auf den Weg machen.

Der führt uns nach Brasov und dann durch die Stadt. Das Aufsetzen gestern bei der Hofeinfahrt hat wohl den Auspuff etwas verbogen, weshalb dieser dauernd am Klappern ist. Soll mir aber erstmal egal sein, es gibt noch mehr zu reparieren, wenn wir wieder zu Hause sind. Ungefähr 20 Kilometer sind es von Cărpiniș bis nach Ghimbav. Um zum Kinderheim zu gelangen, brauchen wir eigentlich nur die erste Einfallstraße rein und dann immer geradeaus.

Zwei Leute stehen schon vor dem Haus und erwarten uns. Als wir grüßen, öffnen sie das Tor und lassen uns hinein. Vom Hof aus leuchtet uns unser Libero entgegen – aber noch ohne Kennzeichen. Wir parken mitten im Hof, begrüßen die Kinder und beginnen gleich damit, auszuladen. Wie immer übernehmen die Kinder die Sachen und bringen sie in die ‚große Stube‘.

Mit den letzten Kartons in der Hand folgen wir dorthin. einer der Jungs spielt auf einem Flügel – hört sich gut an. In einer anderen Ecke neben dem Fenster steht der Weihnachtsbaum, schön geschmückt mit ein paar Geschenken darunter. Gebrauchte Technikbaukästen, wie ich sie aus meiner Kindheit kenne.
Zwischen Baum und Flügel steht ein niedriger Tisch, hier wird gerade die Popcornmaschine aufgebaut. Während wir mit Tee und Kuchen versorgt werden, erkläre ich den Jungs, wie die Popcornmaschine funktioniert. Ich drücke einem der Kinder den Messbecher in die Hand un bitte ihn, diesen mit Zucker zu füllen. Er schaut mich ungläubig an und fragt auch mehrfach nach, ob ich nicht Salz meine. Ich denke, es liegt daran, dass sie merken, dass mein Rumänisch nicht wirklich gut ist. Kurze Zeit später kommt einer mit dem Zucker zurück und ich starte die Maschine. Aufgeregt stehen die Kinder um die Maschine und beobachten, was da passiert. Es dauet gefühlt viel zu lange, bis das erste Ploppen zu hören ist, was sofort mit Begeisterung beantwortet wird. Bald ist die erste Ladung fertig, ich fülle es in die mitgebrachten Tüten und verteile es. Ein wenig komisch schauen die Kinder schon beim Essen, ich probiere – schmeckt so, wie es soll.
Das schmeckt ja gar nicht nach Salz, meint eine der Mädchen. Ah, ok. Hier in Rumänien kennt man offenbar nur die salzige Popcorn-Variante. Da die erste Ladung eh nicht für alle reicht, wird die Maschine ein weiteres Mal befüllt. Diesmal kommt statt Zucker Salz in den Topf und auch etwas mehr Öl (ich war beim ersten Mal etwas sparsam). Nun dauert es nur wenige Minuten, bevor ein Prasseln und Ploppen aus dem Gerät dringt. Das Egebnis findet nun deutlich mehr Begeisterung. Während ich mich zu Elisabeth setze und mich ein wenig unterhalte, wechseln sich die Jungs an der Popcornmaschine ab. Jeder darf mal einen Tiegel voll machen – das Popcorn reicht auf jeden Fall für den ersten Heißhunger.

Wir verbringen noch etwas Zeit mit den Kindern, bevor wir uns wieder verabschieden. Nochmal viele Hände schütteln, viele Dankeschön, dann lenke ich den Scenic zum Tor hinaus.
Wir fahren nicht den direkten Weg zurück, sondern machen eine kleine Schleife über Rasnov und von da aus zur Poiana Brașov – einem der bekannten Skiorte in Rumänien. Eine schmale Straße führt in vielen Windungen und Serpentinnen den Berg hinauf. Auf halbem Weg gäbe es eine Tropfsteinhöhle zu besichtigen. Sehr viel Autos da und ebensoviel Betrieb, weshalb wir den Besuch auf ein andermal verschieben.
Oben angekommen, biege ich in den Skiort ab. Krass, wieviel Verkehr hier herrscht und wieviele Menschen auf der Straße sind. Schnee sehen wir kaum. Wir lassen uns mit der Menge treiben und finden bei einem kleinen Schlepplift einen Parkplatz. Mit unpassendem Schuhwerk gehen wir im Gras neben der Piste bergan, während uns die Wintersportler mehr oder weniger auf einer Eisplatte entgegen kommen. Großväter und Väter kommen rückwärts die Piste herunter, zwischen den Skiern ein Kind im Pflug – Skischule ganz privat.

Wir gehen bis zu einem Lift, der ganz nach oben auf den Berg führt. ein ganzer Bus voller Ski- und Snowboardfahrer entläd sich in die Talstation und verschwindet auf dem Weg nach oben.
Ein paar Einzelne kommen die Piste herunter, die aber nur an wenigen Stellen überhaupt so etwas wie eine geschlossene Schneedecke hat. Krass. Wenn die Schneeverhältnisse besser und alle Leute auf der Piste statt auf der Straße wären, dann bekäme ich vermutlich Platzangst.

Wir schlendern durch das Dorf, an einem Hotel vorbei, das auf Stelzen in einem See steht. Immer wieder müssen wir den Gehsteig verlassen, weil uns Menschenmassen entgegen kommen. Es wird langsam dunkel, als wir unsewr Auto wieder erreichen.
Noch einmal reihen wir uns in eine Autoschlange ein, diesmal nehmen wir den Weg auf der anderen Seite des Berges, der uns in ebensovielen Windungen hinunter nach Brașov bringt. Dazwischen immer wieder interessantes. Quad-Touren werden angeboten, gesattelte Pferde laden zu einer Reitwanderung ein. Die Leute hier improvisieren für die Gäste, die derzeit ohne Schnee auskommen müssen.

Oberhalb von Brașov biege ich in einen sehr steilen und sehr schmalen Weg ein. Ich kenne ihn, weil ich hier schon einmal hoch gekommen bin. Damals zu viert im Mondeo – Helga und Elisabeth hatten damals Ängste ausgestanden, weil der Weg nur geschottert war und so steil, das die Reifen öfter mal durchgedreht haben. Mittlerweile asphaltiert, wirkt er durch die Bordsteine fast noch enger, aber wir fahren ja diesmal bergab. Es kommt glücklicherweise auch niemand entgegen – ausweichen ist hier nicht möglich. Wir erreichen die Hauptstraße unten etwa in Höhe des weißen Turms.
Wenig später passieren wir die schwarze Kirche, bevor wir uns direkt vor dem Sergiana einen Parkplatz suchen. Wann immer wir nach Brașov kommen, zieht es uns dorthin. Ein uriges Lokal im Kellergewölbe, wo man leckeres zu Essen und zu Trinken bekommt. Diesmal haben wir eigentlich gar nicht so viel Hunger. Aber es gibt hier als kleinen Willkommensgruß aus der Küche etwas, was süchtig macht. Zusammen mit der Speisekarte bekommt man einen Korb mit Brot und einen Teller mit Zwiebeln und gebratenem Speck. Ich mag so etwas sowieso, aber auch Elisabeth ist begeistert von dieser Speise. Eigentlich würden wir am liebsten jeder eine Portion von diesen Würfeln bestellen. Die stehen aber nicht auf der Speisekarte, deshalb bestellen wir jeder eine Ciorbă und ich noch den von mir ebenso heiß geleibeten Salata de varză – Krautsalat.

So gestärkt machen wir uns auf dem Heimweg. Bald stehen wir von dem Tor, Beethoven lässt Elisabeth diesmal schon in den Hof, ohne überhaupt zu bellen.
Laura bekommt ein paar Rosen und für ihren Vater können wir endlich den Gartenhäcksler ausladen, der ganz unten im Scenic verstaut war. Der bekommt gleich große Augen, wir hatten ihm vorher nichts davon verraten. Ich bringe das Gerät in die Scheune, wir nehmen es kurz in Betrieb und ich erkläre ein paar technische Dinge dazu. Die Augen von Lauras Vater leuchten, denn was man hier für überschaubares Geld an Geräten bekommt, das ist seinem Garten eher nicht gewachsen.

Anschließend nehmen wir Platz – zum Essen. Wir können bald nach Hause rollen. In Rumänien isst man viel und gerne. Das wir eher im Vergleich zu den Menschen in Rumänien wenig essen interprediert Lauras Mama mit ‚Es schmeckt euch wohl nicht‚. Oh doch, das tut es, und wie!
Wir bekommen noch eine große Flasche selbstgebrannten und mit Maulbeerbaumholz veredelten Pálinka und eine Flasche rumänischen Rotwein, die wir als Gegengeschenk für unsere Mitbringsel annhemen müssen. Dann lassen wir den Abend mit allerhand Gesprächsstoff langsam ausklingen. Schon morgen kommt das nächste Highligt: Das Eishotel am Bâlea Lac.