Herbsttour im Friaul – Oktober 2014

Freitag, 24.10.2014 München – Sutrio

Heute schaffe ich es mal planmäßig gegen 14:30 aus dem Büro. Die XT steht schon verzurrt auf dem Hänger, meine Habseligkeiten habe ich gestern schon gepackt. Raus aus dem Hof und rein in den Münchner Stadtverkehr. Viel los heute, aber es geht voran. Bald bin ich auf der Salzburger Autobahn. Blauer Himmel lugt durch die Wolken, die Berge sind schon von weitem zu sehen. Föhnwetter – passt!
Kurz vor Frasdorf hat es einen Unfall, der mich gute 15 Minuten kostet. 15km später verlasse ich die Autobahn erstmals um während einer Umrundung des Chiemsees Rebecca abzuholen.
Wir laden ihre XT auf und starten knapp eine halbe Stunde später den Motor des Focus. Zurück zur Autobahn, der Verkehr nimmt minütlich zu. Kurz nach der Grenze zu Österreich fahre ich die erste Tanke an. Die Tankuhr steht auf Reserve und eine Vignette benötigen wir auch. Es wird langsam dunkel, und der Schnee neben der Straße wird merklich mehr. Ich komme ein wenig ins Grübeln, ob es doch eine gute Entscheidung war, aber aber auf den Webcams, die ich die letzten Tage beobachtet hatte, war im Friaul nirgendwo Schnee zu sehen.
Wird schon werden, meint der Optimist in mir. Dann – als uns der Katschbergtunnel wieder ausspuckt – ist die Gegend wie ausgewechselt. Es schaut ein wenig aus wie letztes Wochenende – Altweibersommer, nur schon etwas dunkel. Ich mache das Fenster auf, die Luft ist lau. Prima.

Bis Lienz bleibe ich auf der Autobahn, dann halte ich mich rechts zum Plöckenpass. Mittlerweile ist es vollständig dunkel, der Sternenhimmel ist zu sehen. Petrus meint es gut mit uns.
In Kötschach kommen wir in eine Polizeikontrolle. Der Polizist fragt, wohin wir wollen und wirft einen flüchtigen Blick auf meinen Führerschein und Fahrzeugschein. Er fragt, ob ich etwas getrunken habe. Ich überlege mir, ob das jemand wahrheitsgemäß beantworten würde, wenn es denn so wäre.
Dann geht es den Plöckenpass hinauf. Einige der Galerien, die wir durchfahren, gab es bei meiner letzten Anreise noch nicht.
Am Kamm die ehemalige Grenzstation – hier steht auch eine der Webcams, die ich über die Woche beobachtet habe. Die Kehren der Abfahrt machen mir mit dem Mopped immer so richtig Spaß, heute im Dunkeln erfordern sie noch mehr Konzentration.

In Paluzza führt uns das Navi von der Hauptstraße ab, wir landen in einem Stadtteil, wo buchstäblich die Gehsteige hochgeklappt sind. Die Adresse finden wir wohl, aber kein Hotel weit und breit. Auf der Buchungsbestätigung finde ich die Koordinaten des Hotels. Da hat jemand mitgedacht. Die verleiten das Navi nun doch dazu, uns in die richtige Richtung und zum Hotel zu führen. Malerisch sieht es hier aus – ob das am Flair der Nacht liegt? Morgen werde ich es wissen.
Das Auto mit Hänger stelle ich quer in den Parkplatz – erstmal einchecken. Die Zimmer sind einfach, aber sauber. Weil es schon 21:00 Uhr ist, entschließen wir uns, erstmal etwas zu essen. Ich bestelle Salat und Spaghetti Pommodore. Alleine der Salat hat mich schon mehr als satt gemacht, von den Nudeln schaffe ich gerade mal die Hälfte.
Anschließend laden wr die Motorräder ab, verstauen den Hänger auf einer Plattform und parken das Auto ordnungsgemäß ein.
Ein OK-Anruf noch bei Elisabeth, das Tagebuch füllen und dann ab ins Bett. Freue mich schon auf morgen.

Samstag, 25.10.2014 Große Runde

Ab 08:00 Uhr gibts Frühstück. Den Wecker schalte ich aus, noch bevor er klingelt. Duschen, dann mal kurz auf den Balkon, Temperatur checken. Schaut gut aus, die Sonne strahlt schon den Kirchturm an, den man vom Balkon aus sehen kann. Das Winterfutter bleibt zu Hause.
Wir frühstücken gemütlich. Nur ein Tisch ist vorbereitet, also sind wir die einzigen Gäste derzeit. Frischer Orangensaft, Brötchen, Crossiant, Schwarzer Tee, was will man mehr. Na ja, als die Bedienung kommt und fragt, ob sie noch Käse und Schinken bringen soll, erliegen wir der Versuchung – zumindest was letzteren betrifft. Der ist dann auch so lecker, dass ich das Döschen Nutella wieder zurücklege und nur deftiges frühstücke.
Danach bekommt meine XT den Tankrucksack drauf, bei Rebeccas Yamaha schrauben wir die Plastikhutzen am Tank ab. Schotter ist noch ziemliches Neuland, und die Teile sind faktisch fast nicht mehr aufzutreiben, deshalb bleiben sie zu Hause.

Um 9:30 starten wir die Motoren und rollen vom Hof. Gleich am Ortsausgang finde ich eine Schotter-Abkürzung zur Via val Calda, die uns dann an Cercivento vorbei nach Zovello bringt. Dort folge ich meiner Erinnerung, denn ein Ziel habe ich im Navi nicht eingetragen und die Karte ist schon für weiter hinten präpariert. Am Ortsende merke ich dann, dass die längere Abwesenheit in dieser Region doch die ein oder andere Gedächtnislücke aufgerissen hat. Wir drehen und fahren zurück auf die Straße. Den Abzweig, den ich gesucht habe, finden wir ungefähr einen Kilometer später. Hier stehen zwei Reiseenduros, deren Fahrer ihre Route diskutieren. Ich halte kurz an, grüße und frage, ob sie auch auf die Panoramica delle Vette wollen. Wortlos zeigt einer der Beiden auf eine Sperrbake, an der ein Formeller Zettel in Klarsichthülle hängt. Die Auffahrt ist gesperrt, soviel kann ich mit meinem marginalen Italienisch-Kenntnissen entziffern, aber auch Rebecca, die einen weitaus größeren Wortschatz hat, kann den Text nicht schlüssig interpredieren. Weil dort auch ein Durchfahrt-Verboten Schild steht, entschließe ich mich, hier nicht hoch zu fahren. Abends erfahren wir von unserem Wirt, dass vor zwei Tagen jemand mit dem Auto wegen Schnee abgestürzt und verunglückt ist.

Aber vielleicht geht ja die andere Seite. Die Panoramica delle Vette ist normalerweise ein Rundweg, der oben über ein Hochplateau führt. So drehe ich den Lenker Richtung Salars und weiter nach Tualis, wo wir das andere Ende erreichen. Hier steht nur das Schild mit der obligatorischen Wintersperre. Also Befahren auf eigene Gefahr. Das kann ich verantworten, weshalb wir wenig später den schmalen, steilen und ziemlich kurvigen Wegelchen entlangfahren – zwischen Kiefern, durch die immer wieder ein paar Sonnenstrahlen bis zum Boden reichen und die bunten Herbstfarben so richtig zum Leuchten bringen.

in einer Großen Rechtskehre passieren wir die Baumgrenze und haben einen herrlichen Panoramablick gegen Westen. Ganz unten im Tal kann man das Sträßchen sehen, das wir nachher nutzen wollen. Die strahlende Sonne, die herbstlichen Farben – mann, ist das schön.
Wenig später endet der Asphalt, weiter geht es auf Schotter. Ab und an spitzen ein paar Felsen zwischen den kleinen Steinchen hervor – nichts, was einem Anfänger Probleme machen sollte. Die Schotterpiste macht eine lange Linkskurve, je mehr Schatten die Berge hier werfen, um so mehr Schnee findet sich neben dem Weg. Dort, wo überhaupt keine Sonne mehr hinkommt, beginnt ein Schneefeld. Grade mal 10cm dick, aber eisig. Ab hier führt die Piste leicht bergab. Ich überlege kurz, ob ich Rebecca das zumuten will. Dann gebe ich ihr ein Handzeichen, dass sie erstmal warten soll und fahre vor. Der Schnee haftet gut auf dem Eis darunter, so finden die Stollenreifen auch genug Grip für die Auffahrt nachher. Wir machen es, beschließe ich und winke Rebecca zu.

Der Weg führt in einem großen Bogen um den Hang. Überall, wo die Sonne hinkommt, hat sie die Schneedecke aufgeleckt. Ein paar riesige Pfützen sind zugefroren, lassen sich aber umfahren, auch wenn man dabei nur 30cm bis zur Hangkante hat. Rebecca lässt sich nicht abschrecken und macht ihr Ding. So entschließe ich mich, ein Stück voraus zu fahren, um ein paar Fotos zu machen, wenn sie nachkommt. Doch sie lässt auf sich warten. Ich werde unruhig und schwinge mich wieder aufs Motorrad. Als der Motor läuft, kommt sie um die Kurve. Sie hatte sich abgelegt. ‚Der Kopf war das Problem‘, meint sie. Ich gebe ein paar Fahrtipps für diese Situation und lasse sie vorausfahren. Ein paar Leute mit Hund begegnen uns und ein Mann auf einem Quad, der an einer Ausweichstelle steht und tief nach unten in den Hang fotografiert (ob das was mit dem abgestürzten Auto zu tun hatte?).

Wir nutzen den Platz für eine Pause. Ein unbeschreiblicher Blick nach Süden, die wärmende Sonne und das Bergpanorama laden dazu ein. Das Quad setzt zurück und verschwindet – hinunter auf die Straße, die eigentlich gesperrt ist. Kurze Zeit überlege ich auch, dann entscheide ich mich doch dafür, umzukehren. Nicht zuletzt, weil der Lerneffekt für Rebecca größer ist, wenn wir die Schneepassagen nochmal fahren. Vorher folgen wir der Straße aber noch, bis der Schotter in Asphalt übergeht. Auch hier ein Ausweichplatz, Rebecca überlegt offenbar ein paarmal um, wie sie ihre XT am besten dreht und fährt statt einem Kreis so etwas ähnliches wie eine Acht. Dann wird der Platz doch zu eng und sie legt das Mopped ab. Ich stelle meine 550er ab und komme ihr zu Hilfe, nutze die Gelegenheit um ihr zu zeigen, wie man das Motorrad kräfteschonend wieder aufstellt. Nix passiert – Rebecca schwingt sich auf den Sattel und los gehts. Ich lasse sie wieder vorausfahren und sie meistert den Parcour souverän. Es ist keine dreiviertel Stunde vergangen ich bin erstaunt, was die Sonne zwischenzeitlich geleistet hat. Die Eisschicht auf den Pfützen ist weg, der Schnee ist recht nass geworden. Bei der Auffahrt ist der Grip dadurch weit weniger, aber auch das ist kein Problem für Rebecca.

Wir machen die Motoren aus und lassen uns den Hang hinabgleiten. Ist ein wenig wie Segelfliegen. Dabei schwenken die Köpfe immer wieder nach links und recht, um möglichst viel von dem Anblick aufzunehmen.
Kurz vor Tualis halte ich mich rechts, über Mieli gelangen wir nach Runchia und somit auch auf die Straße nach Rigolato, die wir von oben schon sehen konnten. In Tors finden wir eine kleine Tankstelle, wo wir beide XT’s auffüllen. Es wird langsam Zeit, nach einem Gasthaus fürs Mittagessen zu suchen, meint Rebecca. Zwischen Forni Altfoltri und Cima Sappada finden wir einen Hinweis und stehen wenig später vor einem Gasthaus, um welches herum im Winter vor allem Biathlonwettbewerbe ausgetragen werden. Wir nehmen Platz, die Bedienung fragt was wir wollen. Als wir fragen, ob es noch etwas zu Essen gibt, werden wir in einen weiteren Gastraum komplimentiert, der komplett eingedeckt ist. Das Feuer im Ofen lockt uns in die hintere Ecke – vor allem in den Höhenlagen wäre das Winterfutter in der Motorradjacke kein Luxus gewesen. Für mich gibt es Hühnchen, Rebecca nimmt das Roastbeef, dazu jeweils einen großen Salat – so macht Pause Spaß 😉

Frisch gestärkt geht es weiter. Noch immer auf einer realtiv breiten, aber dennoch kurvigen Straße bis Campolongo, wo ich links abbiege, um zum Forcella Lavardet zu gelangen. Kaum aus dem Ort draußen, wieder eine Wintersperre, es geht über ein Stückchen Schotter und eine alte Brücke zu einer Serpentinenstrecke, die mich schon immer fasziniert hat. Früher geschottert ist sie nun asphaltiert, die Kehren kommen hier so schnell hintereinander, dass wohl kaum ein Streetfighter eine echte Chance gegen die drehmomentstarken Einzylindermotoren unserer alten Yamahas hätte. Endlich wechselt der Belag auf Schotter und bringt uns nach oben auf die Passhöhe, von der aus wir bei einer kurzen Pause den Blick auf noch höhere Felsen um uns herum genießen.

Nur wenige hundert Meter, dann lassen wir den Schotter vorerst hinter uns und biegen auf die asphaltierte SP619 ein, die wir aber ebenfalls bald wieder verlassen, um uns über ein enges Pass-Sträßchen nach Sauris di Sopa zu schwingen. Von hier aus geht es bergab nach Sauris Di Sotto, kurze Zeit später leuchtet uns der Lago di Sauris in strahelndem Türkis entgegen. An dessem östlichen Ende legen wir einen kurzen Fotostop ein, bevor uns der erste Tunnel verschluckt. Diesem sollen sich bald noch weitere anschließen, die mich ein wenig an Norwegen erinnern. Grob in den Fels gehauen, gelb beleuchtet und größtenteils mit grobem Pflaster befestigt. Hier begegnen wir erstmals auch anderen Motorradfahrern.

Am Ortsrand von Ampezzo halten wir uns links in Richtung Voltois. Nach Esemon Di Sopra queren wir eine Brücke, bevor wir links nach Ovaro abbiegen. Hier wird es Zeit für eine kurze Pause. An sich hatte ich geplant, wieder auf Schotter zu wechseln und über den Monte Zoncolan zur Unterkunft zu fahren. In meiner Erinnerung ist der Pass recht anspruchsvoll, wir haben noch etwa eine Stunde Tageslicht und Rebecca hat schon einiges geleistet. Eine 20% Schotterabfahrt im Dunkeln will ich ihr nicht mehr zumuten, so ändere ich kurzerhand meinen Plan und fahre auf der SR355 weiter gen Norden bis Comeglians. Hier könnten wir auf die Strecke von heute Vormittag, ich biege jedoch vorher rechts ab auf die SR 465, bevor wir dann in Ravascletto die letzten Kilometer auf der gleichen Straße zurücklegen, die wir heute schon in der Gegenrichtung befahren haben.

Dafür nehmen wir auch die kleine Schotterstraße, die den Weg zur Herberge abkürzt und noch ein wenig Spaß macht. Ich lasse es laufen und sehe, dass auch Rebecca den Weg um einiges schneller nimmt als noch heute morgen. Zuerst werden die Motorräder versorgt. Ölkontrolle, Kette schmieren … Dann geht es unter die Dusche, dias heiße Wasser treibt die Kälte aus den Knochen – das Winterfutter wäre kein Luxus gewesen. Danach gehts nebenan ins Restaurant – diesmal ist einiges los. Neben uns sitzt ein Paar aus Niederbayern, die uns den Mangart schmackhaft machen wollen. Wir jedoch haben das Friaul auf der Liste, nicht Slovenien. Der Mangart muss auf ein anderes mal warten.
Auch diesmal ist das Essen vortrefflich, wir sitzen noch lange im Restaurant und unterhalten uns über den Tag, bevor es uns in die Betten zieht.

Sonntag, 26.10.2014 Kleine Abschieds-Abstecher und ab nach Hause

Die Unterkunft in einer Pension kommt den Langschläfern zu Gute. Das bin ich eigentlich nicht. Heute noch viel weniger, denn wir haben eine Stunde geschenkt bekommen – Umstellung von Sommer- auf Winterzeit. So bin ich lange vor einem möglichen Frühstück wach und nutze die Zeit, um mein Winterfutter in die Jacke zu zippen und die Akkus der Kameras zu laden.

Gegen 9:20 starten wir die Motoren, nachdem wir auch diesmal wieder den leckeren Schinken verputzt haben. Runter und über den Fluss, dann links ein Stück auf die 52bis. Dann gleich wieder rechts in eine enge, sehr steile Straße, die mittlerweile auch asphaltiert ist. In meiner Erinnerung führt der Weg extrem steil in Sepentinen bis zu einem Kamm, wo man auf eine wenig breitere Schotterstraße kommt, über die man wieder hinunter nach Englaro Di Sopra gelangt. Ein Bauer verstellt mit seinem Traktor zwei Drittel des Weges, während er Holz für den Winter aufläd. Gerade so kommen wir vorbei. Dahinter steht eine 50er Fantic Trial, ein Rucksack daneben, der Fahrer ist nicht auszumachen. Der Asphalt ist sehr rauh, ab und an sind Pflastersteine eingebaut, um für den Winter genug Grip zu haben. Wir sind schon auf halber Höhe zum Kamm, als der Belag zu Schotter wechselt. Leider können wir das nicht lange genießen, schon wenige hundert Meter verweigert ein Durchfahrt-Verboten-Schild die Weiterfahrt. Nun würde es vermutlich niemanden stören, wenn wir trotzdem weiterfahren. Ich denke aber, man sollte sich an die Richtlinien halten, es gibt genug erlaubte Wege, da muss man nichts provozieren.

Also wenden wir und lassen uns bergab rollen. Beide ohne Motor. Für mich immer wieder ein schönes Gefühl, lautlos bis auf den Fahrtwind durch den Wald zu gleiten. Der Traktor ist weg, das Trialmaschinchen steht noch immer dort.
Unten klappe ich den Kicksarter aus und trete die XT an, während ich die letzten Meter auf die Hauptstraße zu rolle. Diese überquere ich, um dann auf Rebecca zu warten. Sie kommt auch schon den Berg herabgerollt, bleibt dann aber stehen. Scheint ein Problem zu geben, weshalb ich wieder zurück fahre. Ihre XT springt nicht mehr an – die Batterie ist so schwach, dass sie dem Anlasser nur mehr ein schwaches Ächtzen entlockt. Ich stelle meine 550er ab und schiebe ihre XT ein Stück den Berg hoch – zusammen mit dem Anlassen könnte das reichen. Tut es aber nicht. Also nochmals los, vorher ziehe ich vorsichtshalber die dicke Jacke aus. Mit Rebeccas Unterstützung schiebe ich sie mehr als doppelt so weit den Berg hoch, um sie dann im vierten Gang anlaufen zu lassen. Klappt! Der Motor tuckert in stoischer Gelassenheit vor sich hin.

Jetzt schnell wieder anziehen und losfahren, bevor er sich das anders überlegt. Sollte aber für dieses Wochenende das einzige Mal gewesen sein.

Schnell wieder zurück über den Fluß nach Sutrio, dann gleich weiter nach Cercivento. Den Ort durchfahren wir diesmal um auf den Einstieg zum Zuofplan-Pass zu kommen.Viele Leute sind auf der Straße, Sonntag vormittag gegen 10:00 Uhr. Die Sonne scheint, alles scheinen gut gelaunt zu sein und haben auch für uns einen freundlichen Blick übrig. Am Ortsausgang finde ich den Einstieg ind das kleine Pass-Sträßchen, wie auch die sonstigen ist sie ebenfalls im unteren Bereich asphaltiert. Schmale, sehr enge Kurven und Kehren wechseln sich mit geschwungenen Geraden ab. Die Sonne findet an vielen Stellen einen Weg durch das bunte Blätterdach. Wer hier nicht ins schwärmen gerät, dem ist nicht zu helfen.
Ein Pkw kriecht vor uns, macht aber sofort Platz, als er eine Ausweichstelle erreicht. Ich bedanke mich per Handzeichen und freue mich, dass hier ein Miteinander offenbar weniger Probleme macht, als mancherorts zu Hause. Auch ein paar Radler mühen sich die Steigung hoch, machen aber sofort Platz, als sie uns hören.

Bei der Baumgrenze wechselt gleichzeitig der Straßenbelag. Ab hier geht es los mit dem Schotter. Ein paar Windungen macht die Straße um kleine Häuser, auch die Leute davor blicken freundlich zu uns herüber. Ab hier ein herrlicher Panoramablick hinter ins Tal und auf die gegenüberliegenden Berge. Der Schotterweg schmiegt sich den Hang entlang, bevor er über eine Kehre in die nächsthöhere Etage wechselt. Ich lasse Rebecca vorausfahren, so kann ich ein wenig beobachten und Tipps zur Fahrtechnik geben und sie kann das Tempo bestimmen. Es gibt aber nicht wirklich etwas zu meckern, sie macht das super.
Wir erreichen eine Hangkante. Ab hier wird der Hang flacher in Richtung des Gipfels. Zeit für eine Pause, und ein schöner Platz, um die Szenerie auf uns wirken zu lassen. Die Sonne steht im Süden, hinter uns führt ein geschwungener Schotterweg bergan, unter uns ein tief eingeschnittenes Tal mit winzigen Häusern, zwischen denen das Wasser des Flusses heraufblinkt.

Wir genießen diesen Augenblick für eine geraume Weile, dann sehen wir den Pkw von vorhin langsam den Berg heraufklettern. ‚Lass uns weiterfahren‚, sage ihc zu Rebecca, ‚dann brauchen wir ihn nicht zu überholen‚. Während ich noch den Foto verstaue, Jacke, Handschuhe und Helm anziehe, hat sie ihre XT schon angelassen und verschwindet hinter der nächsten Kurve. Ein Kick, schon läuft meine 550er. Nicht zu früh, gerade kommt das Auto um die letzte Kurve.

Rebecca ist schon weit vorne. Souverän meistert sie den Schotterweg, sucht sich die bessere Seite mal links, mal rechts. Ich gebe ordentlich Gas, um aufzuholen, brauche aber fast zwei Kilometer, bis ich sie eingeholt habe. Ab nun fahre ich leicht versetzt hinter ihr, wenn sie die Seite wechselt, wechsle ich auf die Gegenseite. Dabei passieren wir mehrere Gruppen von Fußgängern, die bereitwillig Platz machen und unseren Gruß freundlich erwidern. so mag ich das. Etwa 40 Höhenmeter unter dem Gipfel treffen wir auf einen Parkplatz und ein Schild, welches die Weiterfahrt untersagt. Schade, früher konnte man hier um den Taleinschnitt herum bis zum Monte Tenchia und weiter bis zur Panoramica delle Vette fahren. Wir stellen die Motorräder ab uns setzen uns an die Hangkante. Bewundern die Staffelung der Gebirgsketten, das Panorama und genießen die warmen Strahlen der Sonne. Es dauert lange, bis wir uns losreißen und uns wieder auf den Weg nach unten machen.

Dabei kommen uns die Radler entgegen, die wir noch vor dem Pkw im unteren Teil der Auffahrt passiert haben. Diesmal lassen wir ihnen die bessere Seite der Schotterstrecke, sie bedanken sich mit einem freundlichen Kopfnicken. Die Abfahrt genieße ich jedes mal aufs Neue. Während man lautlos dahinrollt eröffnet sich ein unbeschreiblicher Blick ins Tal. auch später, als wir in den Wald eintauchen, verliert sich meine Begeisterung für diese Herbststimmung nicht.
Unten angelangt, frage ich Rebecca, ob sie noch Lust hat, ein wenig zu fahren oder ob wir essen gehen und dann aufladen sollen. Sie ist sich nicht schlüssig, so betimme ich für sie: Ein kleiner Abstecher geht noch.

Dieser führt uns nach Sutrio und weiter nach Priola, wo ein winziges – leider mittlerweile ebenso asphaltierten – Sträßchen bergan führt. Ich schicke Rebecca voraus, damit sie lernt, ihre Linie bei den steilen, engen Kehren zu suchen. Klappt soweit ganz gut, bis wir auf eine Stelle zufahren, wo ein Schotterweg geradeaus führt, der jedoch mit einem Verbotsschild markiert ist. Unser Sträßchen macht hier eine Rechtskehre. Rebecca ist offenbar irritiert, sieht die Kehre zu spät und ist dann zu langsam, um herum zu kommen. Schnell stelle ich ihre XT wieder auf die Räder, sie steigt auf und fährt weiter. Die nächste Kehre fährt sie etwas wackelig, aber schon bei der übernächsten ist der Umfaller vergessen. Klasse! Einige Kilometer später treffen wir auf die Strada Provinciale 123, auf der wir uns links halten, um den Monte Zoncolan zu bezwingen. Hier tauchen wir ein in die Skigebiete der Region. Links und rechts der Straße Pisten, Lifte und Hütten, die leider im Moment geschlossen haben.

Auf der Passhöhe angekommen, überlegen wir kurz das weitere Vorgehen. Weiterfahren oder zurück? Wir entscheiden uns für letzteres, um während des Rückwegs nach einem offenen Gasthaus Ausschau zu halten. Ein kurzer Schlenker über Schotter und los gehts. Ein Stückchen weiter unten ein Hinweisschild auf eine offene Gaststätte, 800m Schotterweg dahin. Doch die sieht alles andere als offen aus. Die nächste Hütte am Straßenrand fahren wir auch an, weil zwei Radler davor sitzen. Doch auch die hat zu. Wir machen dennoch eine kurze Rast, zu schön ist die Aussicht von hier.
Dann rollen wir weiter ins Tal nach Sutrio. Wir nehmen aber nicht den direkten Weg, sondern biegen wieder ab in das kleine Sträßchen, über welches wir herauf gekommen sind. Nochmal durch Priola und zurück zu unserer Unterkunft. Wir hatten am Morgen gefragt, ob wir Auto und Hänger stehen lassen dürfen – kein Problem. Ich fahre das Auto ein Stück weit die Auffahrt hinunter. Dann kommt der Hänger dran, der platzsparend auf einem Podest untergebracht war. Weil das Gespann mit gut 15% Gefälle parkt, ist das Aufladen der Motorräder ein Kinderspiel. Ein paar Gäste vor dem Restaurant schauen neugierig zu, als wir die Motorräder verzurren. Dann verabschieden wir uns und machen uns auf den Heimweg.

Dieser führt uns über den Plöckenpass zurück nach Österreich. Irgendwo zwischen Kötschach und der Autobahn finden wir eine Gaststätte neben der Straße, wo wir dann unser Mittagessen nachholen. Da es schon nach 14:00 Uhr ist, beschränkt sich das Angebot auf zwei Gerichte. Frisch gestärkt treten wir dann endgültig die Heimreise an.
Der Transport der Moppeds auf dem Hänger hat Voreile. Zum Einen versuche ich mit dem Motorrad die Autobahn zu meiden, wo immer es geht. Auf Landstraßen anzufahren würde so einen Kurztrip aber eher unmöglich machen. Zum Anderen hat man dabei Gelegenheit, das Erlebte nochmals Revue passieren zu lassen, die Trainingseinheiten nochmal nachzubesprechen oder auch einfach über Gott und die Welt zu reden. Entsprechend kurzweilig wird die Fahrt. Ruck zuck sind wir zurück am Chiemsee – wo wir Mopped und Ausrüstung ausladen und uns verabschieden. Es ist mittlerweile dunkel geworden und nach und nach senkt sich der Nebel über das Land. Der Verkehr ist dicht, aber er rollt. Zuhause lade auch ich ab, verstaue die XT, den Hänger, das Auto und meine Sachen und schreibe das Tagebuch.

Eine Tour, die sehr viel Spaß gemacht hat und auf jeden Fall nicht das letzte Mal, dass ich ins Friaul gefahren bin.

Gefahrene Strecke: 234km auf einer Fläche von 278 qkm

Unterkunft:
Osteria Da Alvise, Via I Maggio 5, 33020 Sùtrio, Italien

Track

Track Herbsttour Friaul 2014

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