Freitag, 10.05.2013 Die große Donau-Runde

Für heute habe ich Ausschlafen angeordnet. Funktioniert bei den Beiden, nicht aber bei mir. Pünktlich um 7:00 Ortszeit schlage ich die Augen auf, ziehe mich an und gehe mit dem Notebook unterm Arm in den Frühstücksraum. Bilder kopieren, Tagebuch schreiben und einen Plan für heute machen. Eines ist schon klar: Es wird eine Straßentour geben. Ich habe schon eine im Kopf, als Jörg auftaucht und den Bernd für heute unpässlich meldet. Der möchte heute mal regenerieren, was auch vollkommen o.k. Ist. Für uns bedeutet das auch gleichzeitig, dass wir dennoch bei der Straßentour bleiben, denn OffRoad sollte man aus Sicherheitsgründen immer mindestens zu Dritt fahren.

Wir lassen uns Zeit beim Frühstück, während ich überlege, was wir machen. Kultur kam bisher immer ein wenig kurz, deshalb beschließe ich, einen Ausflug runter zur Donau zu unternehmen.

Wir nehmen die Straße nach Resita, dann die Traumstrecke für jeden Motorradfahrer nach Anina. Hier halten wir uns links und fahren auf der 57B durch eine Schlucht in Richtung Bozovici.

Zwischen der zerklüfteten Felswand passt gerade mal die Straße und der Fluß, der uns rechter Hand begleitet. Irgendwelche rostigen Rohre einer alten Fernleitung trennen beide voneinander ab. Wenige Kilometer hinter Bozovici knickt die Straße links ab, um später auf die 6 zu treffen. Hier an der Kreuzung geht es nur links oder rechts.

Die Mühlen in Eftime Murgu
(Rudăria) Insgesamt 32 Mühlen befinden sich hier. Entgegen der bei uns zu sehenden Mühlen werden diese über ein horizontales Schaufelrad angetrieben. Die Tradition der Mühlen besteht hier seit über 200 Jahren unverändert. 7 Familien betreiben jeweils eine Mühle gemeinschaftlich. Oft kann man einzelne Mühlen im Betrieb erleben.

Wir fahren trotzdem geradeaus – in einen Feldweg, der uns über einen kleinen Hügel direkt nach Eftime Murgu führt. Die Ortschaft durchfahren wir geradewegs und treffen beim ersten Zwischenziel ein: Die Morile de apă de la Rudăria (Die Rudaria-Mühlen).

Einiges hat sich seit meinem letzten Besuch verändert. Der Zugang ist nun betoniert oder über Stahlträgerbrücken möglich. Nur noch drei der Mühlen sind in Betrieb, die anderen stehen offen und zeigen dem Betrachter, wie hier Getreide zu Mehl gemacht wurde und noch immer wird.

Jörg und ich klettern umher, schauen und fotografieren. Bei der unteren Mühle angelangt, winkt mir der Besitzer vom nahe gelegenen Bauernhof zu. Ich gehe auf ihn zu und begrüße ihn. Es hat zu wenig Wasser derzeit, meint er, sonst würde er uns seine Mühle vorführen.

Nach einem kleinen Schwatz verabschiede ich mich und mache mich auf die Suche nach Jörg. Den finde ich bei seiner XT, der Brotzeitcontainer ist offen.

Noch ein paar Aufnahmen, dann fahren wir weiter. Erstmal zurück über den Feldweg zurück bis zur 57B, dort halten wir uns links.

Ab Dalboset wird die Navigation etwas schwieriger, weil es keine Wegweiser gibt. Ich folge einem Pferdefuhrwerk über eine Brücke, dann stelle ich fest, dass es der falsche weg ist, also umdrehen und 30m weiter auf die andere Straße.

Für die Ortsdurchfahrt von Barz entscheide ich mich für das linke Ufer des Flusses Nera, der mitten durch die Ortschaft fließt – hier wäre die rechte Seite die richtige gewesen. Macht aber nichts, mitten im Ort gibt es eine Brücke. Nachdem da gerade eine alte Frau drübergeht, entscheide ich kurzerhand um und fahre durch den Fluss. Von hinten höre ich einen Fluch von Jörg, der Fluss war tiefer als er dachte, er war zu schnell und wurde deshalb mal wieder nass. Natürlich hat der Akku der GoPro wenige hundert Meter davor beschlossen, Feierabend zu machen. Ich wechsle ihn, entscheide mich dann aber dafür, nicht noch einmal durch zu fahren, wir haben ja noch viel vor.

Einige Kilometer weiter gibt es mehrere Kreuzungen – natürlich ohne Wegweiser. Ich werfe nur einen kurzen Blick in die Karte und biege bei der zweiten links ab. Wir fahren einen kleinen Feldweg, der immer wieder an einzelnen Gehöften vorbeiführt und dabei immer schmäler wird. Zwischendurch führt ein Abzweig rechter Hand den Berg hinauf. Ein paar hundert Meter bleibe ich stehen und messe mit Hilfe des Navis unsere derzeitige Position aus. Natürlich hätte ich erst eine Kreuzung später abbiegen dürfen. Der Weg, den ich genommen habe, wird weiter hinten zum Pfad und das ist nichts für unser heutiges Zweimann-Team. Ganz zurück möchte ich aber auch nicht, das wären fast 15 Kilometer. Also fahre ich zurück zum Abzweig und nehme den Weg den Berg hinauf. Über enge Serpentinen gewinnen wir Höhe und kommen dabei an mehreren Gehöften hinweg. Wenn sich der Weg gabelt, lasse ich den Bauch entscheiden. Schließlich erreichen wir eine Art Hochebene, durch die sich unser Feldweg wie ein weißes Band auf und ab schlängelt. Fahrerisch nicht sehr anspruchsvoll bietet er Gelegenheit, die Fernsicht zu genießen. Ein letztes Mal geht es bergab, dann erreichen wir Garnic und damit die eigentlich angepeilte Route und die Asphaltstraße. Diese wird aber mitten im Ort zur Schotterpiste und ich schau gleich zweimal auf die Karte, ob wir noch richtig sind. Die Piste geht bergab, weshalb ich mich im Leerlauf rollen lassen. Zwei Ortschaften später besteht die Ortsausfahrt aus einer scharfen Rechtskurve. Ich höre ein Motorengeräusch und habe gerade noch Zeit, an den rechten Rand zu fahren, das brettern zwei Quads im Drift an mir vorbei. Noch etliche weitere Quads und Polaris-Buggys folgen, wenn auch nicht so aggressiv. Grundsätzlich habe ich nichts gegen andere Fahrzeuge, die die gleiche Leidenschaft teilen wie ich. So muß das aber wirklich nicht sein. Wäre ein Kind hinter der Kurve gestanden, dass diese Art Fahrzeuge nicht kennt, es hätte böse ausgehen können.

Manchmal kann ich nicht verstehen, warum solche Typen nicht kapieren, dass es auf unser Verhalten ankommt, wie lange wir dieses Land noch abseits vom Asphalt befahren dürfen.

Mit diesen Gedanken im Kopf bin ich mittlerweile bis zum Ende der Schotterstrecke gerollt. Am Ortseingang von Gornea wechselt der Belag zu Beton, später zu Asphalt. Noch einige Kilometer dann trifft unsere Straße im 90 Grad Winkel auf die 57, vor uns liegt das breite, silbrig glitzernde Band der Donau.

Wir halten uns links, ab hier werden wir dem Strom fast 80km weit begleiten. Zwischendurch sehe ich ein interessantes Fotomotiv und fahre dazu runter an den Sandstrand. Jörg fragt, ob ich denke, dass man da fahren darf. Ich antworte: Wer soll etwas dagegen haben und schon ist er weg. Während ich fotografiere, hat er sichtlich Spaß am Spielen im Sand. Wie ich immer wieder sage: Jungs werden nie erwachsen, nur die Spielzeuge werden größer.

Ich gönne ihm den Spaß, dränge dann aber doch zum Weiterfahren, denn wir haben noch einen langen Weg.

Einige im Wasser stehende Ruinen ehemaliger Burgen sorgen für Fotostopps. Früher standen diese im Trockenen, erst als die Donau in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts über die zwei Staustufen des Eisernen Tores um 25 Meter aufgestaut wurde, bekamen sie ein nasses Fundament.

Auf der anderen Seite der Donau liegt Serbien. Eine Straße und eine Zuglinie verlaufen entlang des Ufers über atemberaubende Brücken und Viadukte und durch Tunnel.

In Dubova finden wir ein Restaurant geöffent und parken unsere Maschinen im Schatten. Ich entscheide mich für einen Fisch, Jörg begnügt sich mit einem Salat. Alles wird frisch gemacht und das dauert seine Zeit. Die nutzen wir und schauen den Schubleichtern zu, die langsam aber majestätisch die Donau herauf gezogen kommen.

Das Essen ist lecker und wir bedauern, dass wir den Bernd nicht dabei haben. Denn wieder einmal wird uns bewusst, was für eine tolle Woche wir hier erleben durften.

Wieder bei den Motorrädern kramt Jörg in seinen Taschen nach dem Zündschlüssel. Den hatte er vorhin auf den Tisch gelegt. So geht er schnell nochmal runter, kommt aber mit leeren Händen zurück. Nach kurzer Zeit finden wir ihn: Er steckt bereits im Zündschloß.

Weiter geht es, ein kurzes Stück abseits der Donau hinten um einen Fels herum. Hier ist der schmale Donaudurchbruch mit senkrechten Felswänden, der die Ursache für das Aufstauen der Donau ist. Die Strömung war früher so stark, dass die Stelle fast unpassierbar war.

Je ein kleines Kloster auf rumänischer und auf serbischer Seite wurden zum Gedenken an die vielen Schiffbrüchigen errichtet. Weiter unten, kurz vor der Mraconia-Bucht treffen wir auf ein weiteres kleines Kloster. Über die Bucht führt eine Brücke, dahinter biege ich links in einen Schotterweg ab. Jörg zögert kurz, dann sieht er weshalb: Hier wurde das Gesicht des Dakerkönigs Decebal in den Fels gehauen – ein kleines Mount Rushmore in Rumänien.

Ein kurzer Fotostopp, dann geht es weiter über Eselnita nach Orsova. Hier mache ich auf Bitten vom Jörg noch einen kleinen Schlenker zum Nonnenkloster. Während er sich damit begnügt, das Kloster vom Parkplatz aus zu bestaunen, gehe ich runter und hole meine Erinnerungen von früheren Besuchen zurück.

Ein paar Kilometer weiter treffen wir auf die E70 in Richtung Caransebes. Eine der – vor allem von vielen Lkw’s befahrenen – Routen, die wir normalerweise meiden. Heute nehmen wir sie bewusst, um noch im Hellen nach Hause zu kommen. Bei Baile Herculane tanken wir voll, dann lassen wir uns nach Slatina Timis treiben, von da führt die bereits bekannte Schotterstraße zurück zur Unterkunft. Die erreichen wir im letzten Abendlicht, Bernd ist gerade dabei, den Sonnenuntergang zu fotografieren.

Gemeinsames Abendessen – wegen dem Fisch habe ich nicht viel Hunger – dann zeigt Dougie ein Video mit Rennsportszenen des letzten Jahrhunderts. Mit einem 360 Grad Grinsen, das wir nicht mehr aus dem Gesicht bekommen, fallen wir in die Betten.

Tracklog 10.05.2013
Tracklog 10.05.2013