Donnerstag, 09.05.2013 Wittmann Top

Wie immer sitze ich kurz nach 7:00 Uhr mit dem Notebook im Frühstücksraum und kopiere Fotos oder schreibe das Reisetagebuch. Meine beiden Mitstreiter kommen etwas später als sonst, der gestrige Tag hat seine Spuren hinterlassen. Motiviert sind sie dennoch, wenn auch in verschiedener Ausprägung. Während Jörg die Latte höher setzen will und nach Steilauffahrten fragt, ist Bernd aufgrund der gestrigen Strapazen etwas verhaltener. Ich mache einen Plan und stelle ihn den Beiden vor. Von dort findet der breite Zustimmung. Also rasch fertig gefrühstückt, rein in die Enduroklamotten und rauf auf die Motorräder. Erstmal zur Staumauer des Trei Ape-Sees, die wir überqueren, dann biegt nach zweihundert Metern eine von mehreren Forststraßen ab, welcher wir folgen.

Erst windet diese sich ein wenig bergan und führt dann in ausladenden Kurven durch lichten Wald, gespickt mit Pfützen und schlammigen Bereichen.

Als wir ein mit bereits bekanntes Wasserloch erreichen, bitte ich die Beiden, sich zu entscheiden, wo sie dieses durchfahren wollen. Bernd entscheidet sich für die linke Seite, fährt recht zügig an und erzeugt eine Wasserwand, die ihn um einen halben Meter überragt. Auch Jörg, der Hitzige mit der Gashand geht die Sache zu schnell an. Er probiert es rechts, erreicht das andere Ufer aber ebenso nass wie Bernd. Ich fahre im gemäßigtem Tempo hinterher und komme recht trocken durch. Eine kurze Nachbesprechung, was man besser machen kann, schon geht es weiter. Als wir ein Forsthaus erreichen, sitzen ein paar Männer auf einer Art Veranda und winken uns zu, während wir um ihre Autos mit Hänger herumzirkeln. Dahinter ist der Weg ziemlich aufgewühlt und ich überlege mir, wie die mit den Autos da durch kamen. Na ja, eigentlich wundert mich hier gar nichts mehr.

Zwischendurch biegen wir mal kurz ab, durchfahren ein kleines Bächlein, den eine kurze Steilauffahrt in einem tief ausgefahrenen Hohlweg folgt. Beide meistern die Aufgabe problemlos.

Nach einer Pause geht es die gleiche Strecke zurück und weiter auf dem Forstweg, auf dem wir einige Zeit später Teregova erreichen. Vorne an der E70 hole ich noch kurz Geld aus dem Automaten, denn ich bin heute mit Zahlen dran.

Dann queren wir die E70 und fahren auf einer Betonstraße in Richtung Rusca. Weiter hinten biegen wir auf einen kleinen Weg ab und fahren bergan bis wir rechter Hand die Staumauer des Lacul Rusca Teregova unter uns sehen. Etwas weiter kommt uns ein Mann auf einem Roller entgegen, der seine Kühe vor sich hertreibt. Da wir mit unseren drei Motorrädern wohl lauter sind wie er, wissen die Kühe nicht mehr wo sie hin sollen, weshalb ich meinen Gefährten zu verstehen gebe, dass sie die Motoren abstellen sollen. So warten wir, bis der Bauer seine Kühe wieder im Griff und an uns vorbei getrieben hat, bevor wir wieder ankicken und weiter fahren.

Die Pensiuena Wittmann hat das Tor versperrt, ist wohl niemand da, deshalb rollen wir runter zum Stausee und wieder einmal packt Jörg seinen unerschöpflichen Brotzeitvorrat aus und teilt mit uns.

So gestärkt kann es dann losgehen. Nachdem ich den Jörg etwas in die Navigation eingewiesen habe, gebe ich ihm einen Wegpunkt vor, worauf er die Gruppe anführt. Bei den Kreuzungen wirft er einen fragenden Blick nach hinten, ich gebe ihm einen Tipp, wie ich fahren würde, dem er auch folgt.

So erreichen wir eine kleine Bachdurchfahrt und dahinter die erste kurze Steilauffahrt. Kein Problem für die Beiden. Die zweite ist dann schon schwieriger. Hier liegen einige dicke Äste im Hohlweg, Jörg bleibt hängen und muss im Hang neu anfahren. Für Bernd als Neuling schon schwieriger. Deshalb parke ich meine XT, gehe hoch und räume die Äste aus der Spur. So kommt er auch gut hoch. Ich muss erst wieder runter, mein Motorrad holen.

Bis ich hinterher komme, stehen sie oben neben zwei Schäfern, und kommunizieren über Gesten. Ob ich eine Zigarette hätte, werde ich gefragt. Na klar, antworte ich und hole eine aus dem Tankrucksack. Dabei nehme ich auch gleich einen Schluck aus der fast leeren Wasserflasche. Das sieht einer der Beiden, bittet mich um die Flasche, geht davon und bringt sie kurze Zeit später gefüllt wieder zurück. Von der Quelle dahinten, meint er.

Er will noch viel wissen über unsere Motorräder, wo wir herkommen usw. Wir reden noch ein wenig, dann verabschieden wir uns und fahren weiter. Nicht mehr weit, dann folgt die schwierigste Passage – eine Steilauffahrt, die es in sich hat.

Normalerweise erfolgt die Einfahrt über eine Kurve, wir jedoch fahren über eine Wiese an, so dass wir die Einfahrt geradeaus nehmen können.

Jörg schicke ich mit ein paar Instruktionen als ersten hoch. Zwei Minuten später folgt ihm der Bernd und wiederum zwei Minuten später mache ich mich auf den Weg.

Knapp 7 Meter unterhalb der Kuppe liegt die DR vom Bernd im Weg, Bernd sitzt davor. Ich kann hier nicht anhalten, es ist zu steil. So rufe ich ihm zu, dass er zur Seite gehen soll, was er auch macht. Dennoch müsste ich über das Lenkerende seines Motorrads fahren, um vorbei zu kommen. Ich entscheide mich dagegen und lege das Motorrad links davon in die Böschung, sie kommt etwa 3 Meter oberhalb zu liegen – natürlich mit dem Tank nach unten. Sofort schließe ich die Benzinhähne, es läuft Benzin aus dem Stutzen zur Tankdeckelentlüftung, den ich sofort mit dem Finger verschließe. Dann weise ich die beiden an, die DR vom Bernd umzudrehen, während ich bei meiner XT sehe, dass Öl aus dem Luftfilterkasten tropft. Also zerre ich sie am Vorderrad herum, bis die Räder wieder tiefer liegen als der Rest.

Zwischenzeitlich haben die Beiden die DR schon wieder aufgerichtet. Ich schiebe sie ein Stück nach unten und geben dem Bernd zu verstehen, dass er nochmal bis zum Einstieg runter soll. Dann gehe ich wieder hoch, richte meine XT zusammen mit Jörg auf und rolle hinterher.

Denkst Du, Du kannst Deine Innere Sperre überwinden und nochmal hoch? Frage ich den Bernd. Oder sollen wir abbrechen?

Einmal probiere ich es noch, antwortet er nach kurzem Zögern.

Nochmal durchgeschnauft, dann fährt er los. Kurze Zeit später höre ich das vereinbarte Hupsignal, dass er oben ist, worauf auch ich folge. Jedoch nur bis zur gleichen Stelle wir vorhin. Trotz Vorlage hebt sich mein Vorderrad und versetzt nach links, worauf ich wieder an der gleichen Stelle zum Liegen komme, wenn auch nicht mehr kopfüber. Ich ziehe das Vorderrad in die Spur zurück, lasse mich runterrollen, schnaufe kurz durch und starte den dritten Versuch. Mit fast dem gleichen Ergebnis, nur dass das Vorderrad diesmal nach rechts aus der Spur springt. Diesmal merke ich auch, weshalb. Das neue weiche Federbein hinten ist der Grund. An dieser Stelle wird die Auffahrt nochmal steiler und drückt die hintere Feder weiter zusammen als das beim Orginalen möglich wäre. Das wiederum führt dazu, dass das Vorderrad noch mehr entlastet wird und dabei den Grip verliert.

Während ich das analysiere, sehe ich wie ein Strahl Benzin aus dem Vergaserüberlauf genau dort auf den Krümmer spritzt, wo dieser in den Endtopf mündet. Zischend verwandelt sich Benzin in weißen Rauch und ich versuche, so scnell wie möglich die Benzinhähne zu schließen.

Dann nochmal die gleiche Prozedur: Motorrad gedreht, runter, durchgeschnauft, angekickt..

angekickt .. angekickt .. Ich kriege fast einen Hitzschlag, bis mir wieder einfällt, dass die Benzinhähne zu sind. Auf mit denen und schon läuft sie nach dem ersten Kick.

Ich dafür brauch eine Pause und einen Schluck zu trinken. Erst nach ein paar Minuten fahre ich los und weiß nun, auf was ich achten muß, weshalb die Auffahrt diesmal klappt.

Oben angekommen fahre ich gleich weiter zum ehemaligen Wegepunkt. Die Beiden folgen mir, Jörg bekommt eine neue Lektion in Navigation und einen Zielpunkt, den wir auch 10 Minuten später erreichen. Von hier aus kommt erst ein kleiner Pfad, der in eine Forststraße mündet und schließlich auf eine Asphaltstraße führt. Diese wiederum bringt uns an Fenes vorbei zur E70, durch Armenis und Sadova Veche nach Slatina Timis.

Da wir noch Zeit haben, beschließen wir, nicht die übliche Route von Slatina Timis aus zu nehmen, sondern den Forstweg am unteren Ende des Ortes, der uns zur Poiana de Mare – zur Großen Aue bringt. Auch diesmal bekommt Jörg die Koordinaten und führt unsere Gruppe an. Für das, was wir bereits gemeistert haben, ist die Srecke mittlerweile einfach geworden, auch Bernd findet seine Spur und so gelangen wir problemlos nach oben.

Dort genießen wir bei einer kurzen Rast dem Blick auf das schneebefleckte Bergpanorama, bevor Jörg sich auf die Suche nach dem nächsten Wegpunkt macht.

Ich mache noch ein paar Fotos, dann fahre ich hinterher. Von weitem sehe ich, dass Jörg nicht dem aktuellen Weg folgt, sondern einem, der schon längere Zeit brach liegt. Bis ich aufgeschlossen habe, sind die Beiden schon zwischen den Büschen verschwunden.

Offenbar wurde der Weg kürzlich von einem Harvester benutzt, denn die Fahrspur ist tief eingefahren, wir müssen deshalb die Grasinsel zwischen den Spuren nutzen. Kurz bevor der Weg in einer Holzrückschneise endet, liegen massig Zweige quer und stellen ein zusätzliches Hindernis dar.

Nun geht es nur mehr rechts oder links, die Luftlinie, die das Navi zeigt, ist nicht möglich. Jörg dreht sich um und schaut mich fragend an. Ich zeige nach links, in der Hoffnung, dass wir so wieder auf den aktuellen Weg stoßen. Doch schon nach 300 Metern wird das Ganze so sumpfig und schlammig, dass ein Durchkommen sehr schwierig wird. Wir drehen um, es bleibt nur noch eine Möglichkeit, oder wieder über die Harvester-Spur zurück. Die schließe ich erstmal aus, da alleine das Hochkommen auf den Weg dem Bernd viel Kraft kosten würde.

Der von uns eingeschlagene Weg führt in einer leichten Rechtskurve bergab. Nach dieser Kurve wird er zu einem Bachbett. Jede Menge großes Geröll und Wasser dazwischen. Bernd tastet sich langsam voran, das Terrain fordert seine letzten Kräfte. Ein, zweimal strauchelt er, dann, als er einen großen Felsbrocken umfahren möchte, rutscht die DR seitlich weg, fällt um und Bernd rücklings obendrauf.

Glücklicherweise nichts schlimmes passiert, aber der Mut und die Kraftreserven sind erstmal weg. Ich helfe ihm, das Motorrad aufzustellen, gebe ihm zu trinken und rede ihm aufmunternd zu. Jetzt musst Du Dich drauf einlassen, dass wir ein Team sind, sage ich. Du gehst jetzt zu Fuß runter und ich schiebe die DR. Gesagt, getan. So überwinden wir die nächsten 300 Meter zusammen, bis die Strecke mit den großen Brocken überwunden ist. Dann gehe ich zurück und hole meine XT. Etwas weiter unten, wo es wieder heftiger wird, wiederholen wir das Ganze: Ich schiebe die DR, Bernd geht neben mir, bis wir in ca. 60 Metern Entfernung die Straße sehen, die wir vorhin hochgefahren sind. Das Bachbett ist hier wieder gut befahrbar, weshalb ich umdrehe und mein Motorrad nachhole. Zwischenzeitlich kommt Jörg zu Hilfe und fährt im die DR raus bis zur Straße.

Hier lassen wir uns langsam zu Tal rollen, passieren Slatina Timis und fahren die altgewohnte Strecke hoch nach Brebu Nou. Ich immer als Flügelmann neben Bernd, so dass er mich aus den Augenwinkeln sieht, aber bei Bedarf auch auf meine Seite wechseln kann.

Pünktlich zum Sonnenuntergang erreichen wir den Marterpfahl und kommen wenig später durchgeschwitzt bei der Unterkunft an.

Tracklog 09.05.2013
Tracklog 09.05.2013  113km