Dienstag, 29.06.2010 Gipfelsturm und Hochwasser

Heute starten wir um 10 Uhr, nachdem wir gefrühstückt, den geschweißten Kickstarter abgeholt und (mit ein klein wenig Nacharbeit) an Christians TT angebaut hatten.
Wir fahren an der alten Schule vorbei und halten uns dann nördlich, grob in Richtung Zagoru. Wir möchten eine neue Strecke nach Slatina Timis auskundschaften, die auf der Karte zu sehen ist.

Der Himmel ist weiß-blau und wir haben eine herrliche Fernsicht – das erste Mal in dieser Woche. Das sorgt dafür, dass ich beim Navigieren nicht aufpasse, worauf wir ungewollt am Marterpfahl raus kommen.

Also umdrehen und zum zweiten Mal an einer Schäferbehausung vorbei, von wo uns zwei Männer und eine Frau freundlich zuwinken. Wir bleiben kurz stehen und versuchen zu kommunizieren, am Besten klappt das noch immer mit Zeichensprache. Einer der Männer fragt mich, ob ich einen Schnaps haben will. Die Frage geb ich an meine beiden Teamkollegen weiter, doch so früh will noch niemand den selber gebrannten Țuică probieren.

Einer der Männer spült ein 0,2l-Glas aus und schenkt aus einer eineinhalb Liter fassenden Limoflasche ein. Die Frau beobachtet die Szenerie schmunzelnd aus dem Hintergrund. Mit Mühe können wir klar machen, dass wir im Moment nicht trinken wollen. Ich hoffe, wir haben damit ihre Gastfreundschaft nicht allzu sehr verletzt.

Nachdem wir zum zweiten Mal an einer Meute Hunde vorbei sind, sehe ich den (richtigen) Weg, der in den Wald führt. Knapp einen Kilometer später falle ich zum ersten Mal während unseres Rumänien-Aufenthalts vom Mopped. Grund dafür ist ein über dem Weg liegender Baum, den ich zu schräg anfahre. Am nassen Holz rutscht das Vorderrad ab und einen Augenblick später liege ich im Gras.

Der Weg führt abwärts und als ich weiter vorne sehe, was da ein Harvester für Spurrillen hinterlassen hat, ist es schon zu spät um diese zu umfahren. So zerre ich das Vorderrad von der Spur auf den mittleren Bereich des Weges, wo ich das Hindernis bewältigt bekomme.

Wir halten an und machen eine kurze Pause. Urs stellt sich zum Größenvergleich in eines der Gleise für ein Foto. Danach inspizieren wir eine Schäferbehausung, die auf der Wiese steht.

Das Bett besteht aus einem Brett, bedeckt mit einer dünnen Schicht Heu und einem Federbett, schwer, dick und schmutzig. Dazu noch ein paar Rundstangen als Bank und der Rest eines eisernen Ofens. Ich bin froh, dass ich nicht so leben muss.

Weiter geht’s … nach kurzer Zeit anspruchsvoll bergab, bevor wir auf einen wasserüberströmten Platz mit ein paar Bauwagen und drei Harvestern treffen: Das Basislager der Holzfäller. Die sind grad am Mittag essen als wir vorbei fahren.

Unten erreichen wir Golet und wechseln auf eine Schotterstraße, die parallel zur E70 in Richtung Bucosnita und weiter nach Petrosnita führt, wo die Straße in die E70 mündet.

Am Ortseingang von Caransebes halten wir an einer Tankstelle an, um die Tanks zu füllen und eine kurze Pause einzulegen. Ein Schokoriegel bringt verbrauchte Energie zurück. Weiter gehts in Richtung Zlagna. Die Straße ist neu gemacht und wird sicher bald asphaltiert. Das momentane Schotterbett ist uns lieber. In Zlagna verpasse ich den Abzweig nach Zervesti und biege stattdessen vor dem letzten Haus nach links ab. Steil und vor allem schmierig führt der weg grad mal 500m weit auf eine Streuobstwiese.

Urs hat schon Probleme hochzukommen mit seinen Reifen. Bei der Abfahrt rutscht ihm das Vorderrad weg und er landet in der Böschung. Zurück auf der Hauptstraße werden wir von einer Frau heftig beschimpft, dass wir ihr den Weg so zugerichtet haben. Sehen konnte sie ihn von der Stelle aus allerdings nicht.

Wir beschließen, uns nach Borlova durchzuschlagen. Der Weg beginnt mit zwei langen Wasserdurchfahrten und anschließend einer glitschigen Steigung. Urs schüttelt energisch den Kopf. Nichts für die XT mit dem TKC80. Also drehen wir um und finden am anderen Ende des Dorfes doch noch den richtigen Abzweig nach Zervesti.

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. (Video der Wasserdurchfahrt)

 

Dort angelangt halten wir uns rechts und fahren weiter nach Turnu-Ruieni, ich möchte mal wieder hoch zum Feuersignal-Turm.

Die Auffahrt ist kein Problem, unterwegs sehe ich eine Art Tunnel, doch bevor ich den inspizieren kann fuchtelt ein Uniformierter aus einem Fenster, dass wir weiter fahren sollen. Das tun wir dann auch, bevor er noch zorniger wird.

Oben angekommen, stellen die beiden ihre Motorräder ab, während ich eigentlich direkt bis zum Turm fahren möchte. Doch auf halbem Weg mache ich kehrt, die zweite Hälfte ist sehr steil und zu nass für Experimente.

Wir bestaunen den Turm und überlegen uns, wann er gebaut und wie er genutzt wurde. Die Steine für die meterdicken Mauern und auch das andere Baumaterial wurden mühsam hier hoch transportiert.

Wir machen wir uns auf den Rückweg. Der soll eigentlich über Dalci führen, es findet sich aber kein fahrbarer Weg. Also fahren wir wieder zurück ins Dorf und weiter über Borlova nach Cuntu , dann weiter zum Gipfel des Tarcu. Das hört sich einfach an, der Weg da hoch ist jedoch extrem anspruchsvoll. Im Prinzip handelt es sich um einen Hohlweg, dessen Boden aus großen, nicht befestigten Steinbrocken in der Größe von Fußbällen besteht. Eine Tortur für Mensch und Maschine, die auch ein paar Pausen erzwingt, um das Öl kühl werden zu lassen. Schließlich kommen wir oben an und genießen das Panorama, während uns die Jungs von der Wetterstation freundlich grüßen. Zu Fuß gehen wir noch die letzten 200m bis zum Gipfel, hinter uns türmt sich derweil eine dramatisch anzusehende Wolkenwand auf. Das nehmen wir zum Anlass unsere Pause nicht zu lang werden zu lassen und den Heimweg anzutreten. Der gestaltet sich viel einfacher als der Hinweg, weil man von oben sieht, wo man die Geröllstraße über die Wiese umfahren kann und wo nicht. Je weiter wir runter kommen, um so nebliger wird es. Eigentlich fahren wir in eine Wolke, die über den Gipfel gezogen und dann ins Tal gedrückt wurde.

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(Video der Abfahrt vom Tarcu Gipfel)

Je weiter wir nach unten kommen, um so feuchter wirkt es, und spätestens, als wir an einer Gruppe triefnasser Pferde vorbei kommen wissen wir, dass es hier unten wohl heftig geregnet hat. Der betrunkene Mann, der vorhin quer auf einem asphaltierten Bereich der Straße lag, ist nun auch nicht mehr da.
Wieder zurück in Caransebes tanken wir nochmals und stellen fest, dass es einen riesen Unterschied macht, ob man in einem Dorf oder in einer Stadt unterwegs ist. Hier in Caransebes wirkt alles viel westlicher, fast wie in Deutschland.
Während wir tanken, ertönt eine Sirene. Auf die Anfrage, warum die los ging, antwortet uns der Mann von der Zapfsäule nebenan, dass es Hochwasser gäbe.
Was er damit meint, erfahren wir auf dem Weg nach Petrosnita. Als wir eine Brücke queren, sind ne Menge Leute da und unterhalten sich über den Fluss. Der ist bedenklich angeschwollen, eine lehmige, braune Brühe, die Schränke, Holzstämme und vor allem tausende Plastikflaschen mitführt. Auf der Weiterfahrt sehen wir viele Äcker überflutet. Den Weg nach Brebu Nou fahr ich gemütlich und im Stehen. Wir kommen diesmal trocken nach Hause aber voller Eindrücke, die wir nach dem Essen noch diskutieren, bevor es uns ins Bett zieht.