Montag, 10.09.2012 Timisoara

Der Wecker klingelt um 7:00 Uhr, eine Stunde später sitzen wir gemütlich beim Frühstück. Wie immer hier gibt es selbstgemachte Marmelade, sowie Rahm und Käse vom Schwager. Roswitha und Adi gesellen sich zu uns, wir unterhalten uns über dies und das, bevor wir kurz nach neun aufbrechen in Richtung Timisoara. Dort wollen wir zuerst den Kindergarten besuchen, dem wir im Mai Schultaschen und Lernmaterial vorbeigebracht haben. Mit dem Navi ist es diesmal ungleich einfacher, dahin zu finden. Im ersten Raum sehe ich Cornelia mit einer anderen Dame sitzen. Als sie mich wahrnimmt, springt sie freudig auf und drückt mich herzlich – Surprise sagt sie und ruft nach Mira. Die taucht aus einem der hinteren Räume auf und auch sie umarmt mich sogleich. Auch Lucretia und Cora kommen dazu, Elisabeth, Helga und Hubert werden ebenso liebevoll willkommen geheißen. Stolz zeigen sie uns den ersten Raum, den sie in den Ferien neu renoviert haben. Da Elisabeth im Mai ja nicht dabei sein konnte, bekommen wir auch die anderen Räume nochmal gezeigt, bevor wir im hintersten Raum eintreffen, wo ein Tisch voller leckerer Sachen für uns vorbereitet wurde. Rumänische Gastfreundschaft.

Wir haben gerade erst gefrühstückt, wollen aber nicht unhöflich sein. Erstmal gibt es Kaffee und Tee und viele Fragen, wie es uns in der Zwischenzeit ergangen ist. Mira übersetzt eifrig und ich komme immer wieder ins Grübeln, wie viel länger die rumänische Version des Satzes ist, den wir vorher in Deutsch gesagt haben. Die vier erzählen, was hier in diesen Räumen für die Kinder alles angeboten wird und es fällt auch der Satz, dass viel gesungen wird. Mir kommt die Gitarre vom Helmut in den Sinn und ich frage, ob dabei auch mit Instrumenten begleitet wird. Ja, antwortet man mir, es kommen ab und an ein paar Jungs, aber Cora hat gerade angefangen, Gitarrenunterricht zu nehmen. Daraufhin gehe ich nochmal ans Auto und hole die Gitarre. Ich öffne den Koffer und präsentiere das Instrument, während ich die Geschichte dazu erzähle. Sofort stellen sich Cornelia und Lucretia dazu, für ein Foto. Dass die Saiten für Rechtshänder anders aufgespannt werden müssen ist kein Problem, Cornelias Sohn kennt sich aus.

Als Cora es dank der Übersetzung von Mira richtig begreift, was da gerade passiert, kommen ihr die Tränen. Sie hat schon lange dafür gebetet, eine Gitarre zu bekommen, meint sie und nun kommen wir vorbei und haben einfach eine dabei. Die Szene ist so rührend, dass auch Elisabeth und Helga feuchte Augen bekommen. Helmut, Du kannst Dir nicht vorstellen, was Du hier tolles ausgelöst hast.

Ganz besonders gefreut hat sich Cornelia auch über den Zeitungsartikel, den ich veranlasst hatte. Normalerweise wird nie über den freikirchlichen Kindergarten in den Medien berichtet.

Viele Fragen müssen wir beantworten, wie es uns in der Zwischenzeit ergangen ist und was wir vorhaben, während unserer Reise durch Rumänien. Cornelia läd uns in ihre Heimat ein, sie kommt aus den Bergen Transsylvaniens, wo es eine Casa gibt, mit Wasserfall und Möglichkeiten zu ausgedehnten Wandertouren. Motorrad darf ich da natürlich auch fahren, antwortet sie auf meine nicht ganz ernst gemeinte Frage.

Die Zeit vergeht wie im Fluge. Ich überreiche eine CD mit meinen Bilder und bekomme eine CD mit den Bildern unseres Besuches im Mai und von der Übergabe der Rucksäcke und Schultaschen. Weil damals kurzfristig ein Brückentag eingeschoben wurde, konnten wir die Sachen den Kindern ja nicht persönlich übergeben. Aber ich glaube, so toll hätten wir das auch gar nicht machen können. Am letzten Tag vor den Ferien wurde extra eine Art Festakt gemacht. Die Taschen und Rucksäcke wurden schön drapiert und dann den Kindern feierlich überreicht. Die waren begeistert – nicht zuletzt wohl auch wegen der Süßigkeiten, die wir mit hinein gepackt hatten. Das erste Mal, dass die Kinder neue Schultaschen bekommen, wurde uns gesagt.

Dann wird es doch Zeit, Abschied zu nehmen. Aus dem Auto hole ich noch eine Packung Kaffee und etwas Süßes und überreiche es mit dem Hinweis, dass wir das letzte Mal an die Kinder gedacht haben, diesmal aber auch den Erziehern eine kleine Freude machen wollen.

Noch viele Male werden wir gedrückt und gebeten, doch bald wieder vorbei zu kommen.

Winkend verlassen wir den Hof und machen uns auf zu unserem nächsten Termin im Lenau-Gymnasium. Keine zwei Kilometer sind es bis dahin, allerdings gibt es keinen Parkplatz dort. Einer ist mit Absperrungen freigehalten und wir überlegen, ob der für uns sein kann. Kurzerhand fahre ich um den Block, Hubert nimmt die Sperren weg und ich stelle mich auf den Platz. Dann gehe ich hoch zum Rektorat, während die anderen am Auto warten.

Ich treffe Frau Wolf in Ihrem Büro, sie springt auch gleich auf und begrüßt mich. Dann nimmt sie ihre Tasche, sagt dem Vorzimmer Bescheid und geht mir mir vor die Tür. Klar können wir hier stehen bleiben, meint sie, während sie die anderen begrüßt.

Sie hatte mir angeboten, uns eine Führung durch Timisoara zu machen und wir beginnen auch gleich mit der Lenau-Schule. Danach gehen wir zum Domplatz, wirklich nur ein paar Schritte von hier. Was sie zu erzählen weiß ist kurzweilig und interessant und so vergehen die nächsten vier Stunden wie im Fluge. Bis zur Reformierten Kirche – wo die Revolution ausgelöst wurde – führt uns unser Spaziergang, immer wieder unterbrochen durch Informationen über einzelne Gebäude, oder das Leben hier in Temeswar vor und nach der Revolution oder das Leben in Rumänien allgemein. Auf dem Rückweg laden wir Frau Wolf in eines der Straßencafes ein, Elisabeth besorgt einen Blumenstrauß und machen ihr damit eine große Freude, können uns damit ein klein wenig revanchieren. Sie begleitet uns zurück zur Schule, auch dabei immer darauf bedacht, uns noch ein wenig über Timisoara zu erzählen.

Eine herzliche Umarmung zum Schluss, dann machen wir uns auf den Weg zurück nach Billed. Nicht ohne unser neu erworbenes Wissen gleich anzuwenden. Nach 6 Jahren und 7 Besuchen in Timisoara weiß ich endlich, dass die Bauruine am Ortseingang eigentlich einmal ein Krankenhaus werden sollte.

In Billed fahren wir zunächst zum Mechaniker, die den Scorpio wieder flott gemacht hat. Der erkennt uns auch gleich wieder und freut sich wirklich über unseren Besuch und den Hinweis, dass der Scorpio bis zum Ziel keine Probleme mehr gemacht hat. Elisabeth’s Entschuldigung, dass sie ihn so gestresst hat, kommentiert er souverän: Wer so eine Oldtimerrallye mitfährt, der darf schon mal verzweifelt sein, wenn nicht alles klappt wie geplant – schließlich ging es auch von Deutschland bis nach Aserbaidschan. Unser Zielfoto wird er sich in der Werkstatt hängen.

Eine Stippvisite beim Bahnhof, ein paar Fotomotive für den Eisenbahnfreund Hubert, dann halten wir noch kurz am Friedhof – ich möchte ein Foto vom ersten Siedlergrab machen.

Wenig später rollen wir im Forum ein und werden auch gleich von unseren tollen Gastgebern begrüßt.

Kurze Zeit später sitzen wir bei Speis und Trank im Pavillon und erzählen von unseren Erlebnissen, auch ein paar Bilder und Geschichten von der Rallye fließen mit ein.

Es ist kurz vor Mitternacht, als wir uns losreißen und die Betten aufsuchen. Wieder geht ein gelungener Tag zu Ende.