Montag, 23.08.2010 Das Südkap von Norwegen

Heute sind wir schon gegen halb sieben auf den Beinen. Das Wetter war gestern Nacht eher regnerisch, der Tag heute begrüßt uns mit weiß-blauem Himmel. Über dem See liegen Nebelschwaden und von unserer Hytter aus können wir beobachten, wie die Sonne langsam zu uns ins Tal kommt. Wir frühstücken gemütlich, packen die Koffer der XT und machen uns gegen 8:00 auf den Weg. Dieser führt uns über Feda zum Eingang des Verkehrsknotenpunktes im Berg. Wir fahren in den Tunnel und halten uns links. Die Straße beschreibt einen 270 Grad-Bogen und eine schneckenförmige Steigung, der Tunnel spuckt uns aus auf die große Betonbrücke, die den Fjord überspannt. Gleich nach der Brücke folgt der nächste Tunnel, dahinter kommt noch einer, dazwischen eine Ausfahrt. Dass ich die hätte nehmen müssen, sehe ich just in dem Moment, als ich nicht mehr abfahren kann. Also auch noch den nächsten Tunnel unter die Stollenreifen genommen und die nächste Ausfahrt raus. Ich fahre aber nicht mehr auf der E39 zurück, sondern folge einer kleinen, unbefestigten Straße, die parallel zur E39 verläuft. Das ist ganz mein Ding. Eine schmale, unbefestigte Straße, die in engen Kehren bergauf und bergab führt durch atemberaubende Landschaft, an Seen vorbei und zwischendurch der Blick hinunter auf den Fjord. Hinter dem nächsten Anstieg zeigt sich die Nordsee in leuchtendem Blau. Die Route führt uns an der Küste der Halbinsel entlang nach Lista, bzw. Westbygda. Als sich neben der Straße ein kilometerlanger Sandstrand zeigt, halten wir kurz an und gehen durch den tiefen, weichen Sand bis ans Meer. Dort genießen wir eine Zeitlang Sonne, Meer und Strand, bevor wir uns wieder auf den Weg zur XT und mit dieser über die Brücke bei Farsund davon machen. In Lngdal wechsle ich wieder auf eine unbefestigte Straße, die uns nach knapp 12km auf die E39 führt. Nicht ganz unser Plan, aber auch so kommen wir an unser Ziel. Kurz vor Vigeland fahren wir auf ein Stauende zu. Ich überhole den stehenden Verkehr und reihe mich ganz vorne ein, der Bauarbeiter, der die Kelle in der Hand hat grinst uns zu. Nach ein paar Wortwechseln über sein Handfunkgerät winkt er uns weiter. Eine kurvige Strecke folgt, wo links in der Steilen Böschung Baumfällarbeiten durchgeführt wurden. Vor uns ein schwerer Radlader mit einer Kehrmaschine anstatt der Schaufel. Der Gegenverkehr ist auch schon zur langen Schlange aufgestaut.

In Vigeland oder auch Lindesnes, wie mein Navi es nennt, halten wir kurz an einem Supermarkt für ein zweites Frühstück, es ist mittlerweile genau High Noon. Weiter führt der Weg dann noch 25km immer am Ostufer der Halbinsel Lindesnes entlang, bis wir unser Zeil erreicht haben: Das Südkap, oder anders ausgedrückt: Der südlichste Punkt von Norwegen.

Hier wurde das erste Leuchtfeuer Norwegens entzündet, der aktuelle Leuchtturm stammt aus dem Jahre 1913. Am Parkplatz informiert ein Wegweiser, das wir hier genau 2513km vom Nordkap, dem nördlichsten Punkt Norwegens und somit auch ganz Europas, entfernt sind.

Das Schild und auch ein weiter hinten abgestellter Wohnwagen ist vollgeklebt mit vielen bunten Aufklebern. Wenig später bekommen wir auch so einen, die Eintrittskarte für das Südkap, mit 50 NOK pro Erwachsener ein preiswertes Vergnügen.

Es sind mehrere Ausstellungen zu sehen, einmal die Geschichte dieses Leuchtfeuers, dann – in meinem Augen ganz besonders gelungen – eine Fotoausstellung, bei der Bilder aller Leuchtfeuer Norwegens gezeigt und auf kleinen Tafeln deren Eigenschaften erläutert werden. Diese Ausstellung wird in einem in den Fels gemeißelten ‚Keller‘ gezeigt, zu Kriegszeiten diente dieser als nasser und kalter Unterschlupf für die Soldaten. Das ganze Gebiet ist mit Tunneln und Schützengräben durchzogen, vier große runde Fundamente für Flugabwehrkanonen zeugen von der düsteren Vergangenheit des letzten Krieges. Des weiteren ist noch eine Ausstellung zum Thema Schifffahrt, Navigation und Seenotrettung zu sehen. Mehrere Filme zeigen interessantes zur Entwicklung der Leuchttürme.

Der Leuchtturm kann bestiegen werden, was wir auch gleich tun. Steil führt eine Treppe hinauf zu einer Balustrade, die außen um den Leuchtturm herumführt. Von hier aus hat man einen herrlichen Blick auf die Nordsee und auf das Schärengebiet. Wild schäumt die Gischt, wenn sich eine Welle an der Küste bricht, obwohl die See hier eher ruhig wirkt. Am Horizont ist die Küstenlinie von Dänemark erkennbar und nicht weit voraus zieht die Gorch Fock, das Segelschulschiff der Bundeswehr, vorbei.

Gegen 14 Uhr reißen wir uns los und fahren weiter. Der Blaue Himmel ist mittlerweile wieder weiß und dunstig geworden. Erst fahren wir ein Stück weit den Weg zurück, dann biegen wir links ab nach Lundalen und folgen dem Weg, auf dem wir eigentlich anreisen wollten. Nördlich von Lyngdal wechseln wir über die E39 auf die 43, die nach Nordosten führt. Bei Kvas entdecken wir einen ganz besonderen Wasserfall. Ein stattlicher Fluss lässt sein Nass erst wild schäumend über große Felsbrocken talwärts fließen, bevor er sich zwischen zwei riesigen Brocken durchzwängen muss. Auf diese beiden ist das Fundament einer Brücke betoniert, die ich mit der XT überquere um mir das Spektakel auch vom anderen Flussufer aus anzusehen.

Ein Stück weiter oben verlassen wir die 43 und fahren wieder auf den BOM-Weg ein, den wir gestern schon mit Auto und Hänger passiert haben. Für Motorräder ist er kostenfrei und auch weitaus schneller zu befahren.

In Kvinestal kennen wir uns mittlerweile aus und am Kreisverkehr vor dem Verkehrsknoten-Tunnel nehmen wir diesmal die zweite Ausfahrt, um den Tunnel über Feda zu umgehen. Dort halten wir noch kurz an, um unsere Lebensmittelvorräte aufzufüllen. Als wir das Geschäft verlassen, fängt es an zu regnen. Bis zur Hytter werden wir noch ordentlich feucht.

Auch heute gibt es wieder Pfifferlinge zum Abendessen, nur halb so viel wie gestern, aber ebenso schmackhaft. Gesehen hat sie diesmal Elisabeth vom Motorrad aus, ich verfeinere sie mit ein wenig Zwiebel und einem Spritzer Zitrone, während der Benzinkocher sie fauchend gar werden lässt.

Der Regen wird heftiger und gegen 21 Uhr stürmt es so stark, dass ich mehrfach das Fenster wieder verriegeln muss, damit es vom Wind nicht aufgerissen wird. Gegen Mitternacht lässt der Wind nach, der Regen trommelt weiterhin aufs Hytterdach.